Deutsch Greve

oder der gescheiterte Versuch, in einer
Deutsch-Stunde etwas Produktives zu leisten

Eines (Donners-)Tages begaben sich einige (Abi-)geplagte Schüler (aus Platzgründen bleibe ich bei dem verallgemeinernden Wort 'Schüler' [am Textende auch 'Lehrer'], womit ich allerdings auch den weiblichen Teil dieser Gruppe meine) wieder in den kontaminierten Neubau, um zu ihrem gerechten Schlaf zu kommen. Schon nach den ersten Unterrichtsminuten hatte sich die Klasse in zwei Hälften gespalten. Die eine Hälfte starrte gelangweilt und/oder genervt die Tafel an, während die andere Hälfte (Frau Greve) begann, Texte nach bestem Wissen und Gewissen und nach gültigen deutschen Wertungsvorschriften auseinanderzunehmen (daß hierbei die meisten der unterentwickelten Gehirne der Schüler schon nach 2 Minuten nicht mehr folgen konnten, sei aber nur am Rande erwähnt). Deshalb begann die produktive Phase der vielen unbeteiligten Schüler: Wie überstehe ich unbeschadet die Doppelstunde mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln. (Das Bild, das ich gemacht hatte, um diese These zu beweisen, konnte leider nicht veröffentlicht werden, da ich im Halbschlaf die Kamera falsch herum gehalten, und mich selbst fotografiert habe!). Wollten einige Schüler nun mit wirklich witzigen Kommentaren (siehe Zitate) die Unterrichtsatmosphäre etwas auflockern, so wurden diese Bemerkungen gleich schlagfertig von unserer Lehrerin gekontert ("Mit der Bemerkung würde ich mich jetzt schämen" oder "Kannst du mal ruhig sein"). Kam so ein Spruch dann auch noch von Kai, so wurde dieser gleich bestraft, indem er für die nächsten 6:30 Minuten nur noch mit seinem zweiten Vornamen (Uwe) angesprochen wurde. So, nun kommen wir zum absoluten HÖHEPUNKT der letzten zwei Jahre: Der vergebliche Versuch, die Gruppenarbeit vortragen zu lassen. Es scheiterte immer daran, daß Christoph nicht in der Gruppe war, wo er noch nie war, wo er aber laut Frau Greves Plan schon seit etlichen Monaten zu finden sein müßte. Alles kapiert? Nein, dann nochmal: Deshalb konnte er auch nicht seine Ergebnisse über die Autor-Intention vortragen, da er seit Anfang der Gruppenarbeit der Gruppe "Sprache und Stil" angehörte. Es klingt kompliziert, ist es auch. Frau Greve hat es bis heute nicht auf die Reihe gekriegt, den geplagten Christoph in die richtige Gruppe zu stekken (Nein, was war das immer lustig!). Andere literarische Gespräche endeten abrupt, als Frau Greve daran teilnahm ("Gulliver kenn' ich auch!"). Trotz alledem haben wir den Verbrecher aus verlorener Ehre hingerichtet, Maria Stuart zu den Geschichtsbüchern gelegt, die Irrungen Wirrungen entwirrt und das Fräulein von Scuderi sprachlich kapiert. Die Liebe zur Literatur ging so weit, daß ganz nebenbei noch ein (leider) unvollständiger Film gedreht wurde. Noch ein Wort zu den Klausuren: Man muß zugeben, die Aufgaben waren immer relativ eindeutig formuliert und genau auf 100 Minuten abgestimmt. Soviel also zu den kuriosen Geschichten, aber es gab auch wirklich Positives zu berichten (war'n Witz). Der Vollständigkeit halber wären dann noch ganz neue Spiele zu nennen: 'Mit fünfzehn vollkommen identischen Karten Memory spielen', 'auf zwei verschiedenen Bildern im Deutschbuch die Unterschiede ankreuzen', oder 'das Auswendiglernen aller Feiertag im Jahr, die auf einen Donnerstag fallen'. Es gibt auch Geheimnisse, deren Lösungen die Schüler noch heute brennend interessieren: "Wie schaffte es Rafik mit einer Anwesenheit <50% auf 12 Punkte?"; "Warum erschienen Holger, Boris und Jörn entweder geschlossen zum Unterricht oder gar nicht?"; "Wieso meint Kai, Rafik hätte Alzheimer?" oder "Warum wird auf die Frage 'Wer fehlt?' mit 'Mahmoud' geantwortet, obwohl er gar nicht mehr im Kurs ist?". Doch auch die längsten Minuten gehen vorbei (manche kommen auch in beängstigend kurzen Abständen wieder) und deshalb werden auch unsere Schüler diese "schwere Zeit" (Ist das hier dann Kahlschlagliteratur, Frau Greve?) überstehen. Ab und zu gab's auch mal Hausaufgaben, die immer von allen gemacht wurden, da wir ja, trotz aller Langeweile, alle sorgfältige Schüler waren... na ja, die meisten jedenfalls... ok, fast keiner.

Weil wir gerade beim Thema Hausaufgaben sind, gibt's am Ende dieses Berichts (sozusagen als Zugabe) noch eine kleine Darstellung der Gerechtigkeit in Sachen gemachter Hausaufgaben:
Gr: "Wer hat die Hausaufgaben?"
Kurs: "Die letzte Stunde war vor 4 Wochen!!!"
Gr: "Da hättet ihr sie ja umso gründlicher machen können."
Jochen (kurz darauf): "Frau Greve, haben sie sich mal meinen Bericht durchgelesen, den ich ihnen vor den Ferien gegeben habe?"
Gr: "Nicht genau, ich hab' nur mal drübergelesen..."

Ich glaube, das sagt alles! Und dies war KEIN Einzelfall. Aber wie das so ist, mit den Schülern kann man's ja machen (Mit uns bald nich mehr!).

Tja, das war's. Da ich hier auch das Layout mache, ist dieser Bericht auf dem letzten Stand der Dinge. Gut, daß das jetzt ein Ende hat, denn dieser Bericht wurde von Donnerstag zu Donnerstag immer länger! Doch jetzt stellen sich Schüler, die auf ihrem Wahlzettel für die Oberstufe den Namen 'Greve' lesen, die berechtigte Frage: Ist das alles wirklich so? Natürlich war es nicht immer so wie oben geschildert. Wenige Ausnahmen bestätigten auch hier die bekannte Regel. Es war trotzdem oft eine typische "Ohrfeigen-Stunde"; wenn man keinen neben sich hat, der einem andauernd Ohrfeigen gibt, schläft man ein. Deshalb mein Rat: Bildet Euch eine eigene Meinung, oder vertraut mir. Sagt aber nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt!

Nachwort (ab hier wird's ernst): Bitte mißversteht mich nicht, mir ging's hier nicht drum, einen Lehrkörper bloßzustellen (es gibt auch andere Kurse, auf die das eben gesagte mehr oder weniger zutrifft), denn auch Lehrer sind nur Menschen; also, ab jetzt wird's allgemein! Ich meine nur, daß Unterricht Lehrern und Schülern vorallem Spaß machen, und nicht, wie hier, zur wöchentlichen Qual werden sollte. Manche Lehrer sollten sich mal ernsthaft überlegen, ob der Unterricht nicht effektiver wäre, wenn die Schüler mit etwas Spaß und Freude an die ganze Sache rangehen würden. Wenn sich Schüler nur gezwungenermaßen in den Kurssaal begeben, dann fehlt eine Grundvoraussetzung für produktives Schaffen: Interesse. Und dieses Interesse kann nur der Lehrer wecken. Er hat es irgendwann versäumt, eine gewisse Lehrer-Schüler-Beziehung (die es bei vielen Kursen gibt!) aufzubauen, also darf er sich nicht beschweren, wenn fast keiner mehr mitmacht. Und oberflächliche pseudo-Witze schaffen hier genausowenig Abhilfe, wie ein "Ich bin der Chef-Auftreten. Ich will keine Blutsbrüderschaft mit Lehrern (irgendwo gibt es auch für Schüler Grenzen), aber ein bißchen mehr Respekt und Verständnis für die folgenden Schülergenerationen wären schon nicht schlecht. Denkt mal zurück, Ihr Lehrer, Ihr wart auch mal Schüler!

:-) ABI'94 - JUST DID IT. (-:

Thorsten Pohl

Noch ein paar...

Zitate

Gr: "Demoskop heißt soviel wie Volksbefragung, 'skop' - sehen. Wie in Mikroskop!"
Jochen:"Boskop"

Rafik: "Das wollte ich auch sagen!"
Gr: "Ich hatte noch gar nichts gesagt."

Gr: "... und was für Stilmittel ihr gefunden habt. 'Synästhesie' und so-was"
Kai: "Ja, ja... mit viel Käse."

(inoffizieller Deutsch-Gr-Witz)
Gr: "Wer hat die Hausaufgaben gemacht?"

Gr: "Das breite Publikum wird hierbei scheinbar überfordert."
Kai: "So breit sind wir gar nicht!"