Das stete Plätschern eines undichten Wasserhahns weckte mich aus einem wohlbehütetem Schlaf. Ich kam erst sehr langsam wieder zu mir. Im Hintergrund konnte ich noch das Brummen eines alten Kühlschrankes ausmachen. Der Geruch von Staub und alten Möbeln lag in der Luft. Erstmal wußte ich gar nicht, wo ich überhaupt war. Vor meinem inneren Auge spielte mein Unterbewußtsein immer noch Bilder eines sinnlosen Traumes ab, dessen Inhalt ich schon beim Erwachen wieder vergessen hatte. Ich hatte nicht gerade einen gemütlichen Schlafplatz erwischt. Mein Genick schmerzte fürchterlich.
Ich saß im Dunkeln. Aber langsam bildete sich in meinem Kopf eine böse Ahnung über meinen momentanen Aufenthaltsort. Ich wartete noch einen Moment, bis sich meine Augen langsam an die Dunkelheit gewöhnt hatten und ich wenigstens Schemen erkennen konnte. Oh Scheiße, ich war im Schülercafe eingeschlafen. Komisch, ich erinnerte mich gar nicht daran, so müde gewesen zu sein. Das sind aber auch Arschlöcher, irgendjemand hätte mich ja auch wecken können.
Durch die großen Fenster konnte ich nichts erkennen. Es war stockfinster. Nicht einmal die Umrisse des skelettartigen Rohbaus unserer neuen Turnhalle waren auszumachen, obwohl sie nicht viel mehr als fünf Meter vor mir liegen konnten. Ich probierte ein Fenster zu öffnen, denn es mußte schon ziemlich spät sein und alle Türen waren bestimmt verschlossen, es klemmte. Ich ging zum nächsten, was in der völligen Dunkelheit kein leichtes Unterfangen war, da ich mehrfach über wild im Raum verstreute Sessel und Tische stolperte und mir mein Knie einmal böse anschlug. Auch das zweite Fenster klemmte. Ich zerrte mit aller Kraft am Fensteröffner, doch er rührte sich nicht einen Millimeter. Frustriert seufzte ich und kämpfte mich zum dritten Fenster vor, nur um dort das selbe Resultat zu erhalten. Frustration wich leichter Panik. Was zur Hölle war hier los? Ich hatte das Licht im Schülercafe angemacht, um mich zu vergewissern, daß der Hausmeister keine Schlösser an den Fenstern angebrachte hatte. Hatte er nicht. Das trug aber nicht gerade dazu bei, mich zu beruhigen. Im Gegenteil, hier stimmten einige Dinge nicht. Zuerst die Fenster, dann die Lampen, die erst nur protestierend angesprungen waren und nun ständig flackerten, das taten sie sonst auch nicht. Um den Kühlschrank hatte sich eine große dunkelrote, fast braune Pfütze gebildet. Irgendetwas mußte da wohl ausgelaufen sein und obwohl die sonst immer vorhandene Kette fehlte, die den Kühlschrank vor nicht zahlungswilligen Schülern verschlossen hielt, hatte ich nicht das Bedürfnis nachzusehen, was da ausgelaufen war. Ich wollte einfach glauben, daß es Saft war, wenngleich es nicht danach aussah und schon gar nicht danach roch. Ich schluckte kräftig und ließ das Schülercafe hastig hinter mir. Vielleicht fand ich ja doch noch eine offene Tür, die mich nach draußen führen würde. Im Gang setzten sich die Absurditäten weiter fort. Erfüllt war der Gang von einem pulsierenden grünen Leuchten, das keine Quelle zu haben schien, sondern einfach in der Luft war. Es machte eine Sicht über ein paar Meter hinaus unmöglich, da dann alles in einer grünen, wab-bernden Wand verschwand. An verschiedenen Stellen lief Wasser von der Decke an den Wänden herab. Der Putz war abgeblättert und Fäulnis hatte sich breit gemacht. Ganz leise konnte ich ein Heulen von tief unter mir vernehmen, konnte aber nicht sagen ob es Gesang oder Weinen oder sonst irgendetwas war. Langsam aber sicher begann ich, an meiner geistigen Gesundheit zu zweifeln. Verzweifelt suchten meine Gehirnwindungen nach einer Erklärung und als sie sie fanden, war es alles ganz klar. Ich brauchte keine Panik zu bekommen, brauchte mich nicht zu fürchten, denn ich träumte und in ihren Träumen sind alle Männer Helden sagte schon Freud... aber gilt das auch für Alpträume? Also ging ich erstmal beruhigter weiter, gespannt was hier noch auf mich warten würde.
Natürlich war die Tür gegenüber dem Cafe verschlossen. So beschloß ich, es am Haupteingang zu versuchen. Der Gang schien kein Ende zu nehmen. Immer weiter lief ich auf das wabbernde Grün vor mir zu, bis sich plötzlich eine Gestalt daraus löste. Zuerst erkannte ich sie gar nicht genau, doch beim näherkommen stellte sich heraus, daß es ein kleines Mädchen war, das da geduckt auf dem Boden saß und in ein Schulheft schrieb.
Verdutzt blieb ich stehen. Ich wußte nicht genau, wie ich reagieren sollte.
"Was machst du hier? Hast du um diese Uhrzeit nichts besseres zu tun?", versuchte ich, alle Umstände ignorierend, eine Kommunikation zu beginnen. Irgendwie war ich froh ein weiteres menschliches Wesen gefunden zu haben.
Langsam hob das Mädchen seinen Kopf, es konnte nicht viel älter sein als vierzehn, und sah mich aus großen, glasigen Augen, aus denen alle kindliche Freude und Lebenslust geschwunden waren, an. "Ich muß lernen." Die Stimme klang monoton, ausdruckslos.
Überrascht kniete ich mich neben sie. Das Mädchen hatte sich schon wieder auf sein Heft konzentriert. "Lernen? Hier? Was sagen denn deine Eltern dazu?"
"Meine Eltern haben mich hergeschickt. Ich soll noch lernen." Dabei blickte sie nicht einmal auf. "Aber was sagst du dazu? Möchtest du nichts anderes tun?" "Nein, das was meine Eltern wollen, ist das Beste für mich. Ich möchte jetzt lernen."
Damit machte sie mir klar, daß ich jetzt gehen sollte. Ratlos stand ich auf und entfernte mich von ihr. Schnell war sie hinter einer wabbernden, grünen Wand verschwunden. Ich hatte Mitleid mit ihr, denn ich konnte mir ganz genau vorstellen, wie ihr Leben so war und ich wollte um keinen Preis der Welt mit ihr tauschen. Wer war hier eigentlich verrückt: Ich oder die Gesellschaft?
Ich erreichte endlich das Ende des Ganges. Rechts ging es zur Sporthalle und links würde ich zum Haupteingang gelangen. Doch bevor ich links einbiegen konnte, fiel mir die Tür auf. Sicher, sie war schon immer dagewesen und meines Wissens nach führte sie in den hinteren Teil der Bücherei. Zumindest gab dies architektonisch einen Sinn. Die Tür war immer verschlossen. Aber jetzt, jetzt stand sie offen und dahinter konnte ich den Absatz einer stählernen Wendeltreppe erkennen, die sich steil in die Tiefe bohrte und das war völlig absurd. Ich bekam eine Gänsehaut. Einer inneren Stimme zum Trotz, die in mir schrie ich sollte so schnell rennen, wie ich könnte, näherte ich mich der Tür und versuchte, etwas in der Tiefe zu erkennen. Aber wo im Gang hinter mir wenigstens noch grünes Licht war, war hier nur Finsternis. Mein Herz begann zu rasen. Gerade wollte ich mich umdrehen und die Treppe so schnell wie möglich hinter mir lassen, als ein gequälter Schrei aus der Tiefe zu mir emporstieg. Für einen Augenblick blieb ich wie angewurzelt stehen. Dann schüttelte ich die Angst, die mir wie eine eisige Klaue den Rücken emporstieg, hastig ab und stieg vorsichtig die Treppe nach unten.
Schier endlos schien sich die Treppe nach unten immer weiter in die Tiefe zu bohren. Bei jedem Schritt, den ich machte, begann das ganze Gestell zu vibrieren. Wer oder was immer dort unten war, würde wissen, daß ich komme.
Nach einer Ewigkeit ertastete ich eine stählerne Tür in der Wand. Die Treppe wand sich noch immer weiter nach unten. Trotzdem beschloß ich erst einmal zu sehen, was hinter dieser Tür hier lag. Ich hatte keinen Schrei mehr gehört, seitdem ich auf der Treppe war, doch war mir so, als flüsterte etwas aus der Tiefe und ich wurde das ungute Gefühl nicht los, daß etwas jeden meiner Schritte und jede Geste beobachtete.
Hinter der Tür lag ein weiterer Gang. Doch abgesehen von den Metallrohren und den Kabeln, die an der Decke entlangliefen, fühlte ich mich um ein paar Jahrhunderte in der Zeit zurückversetzt. Die Wände waren aus grob behauenen Steinen und erhellt wurde der Gang durch in unregelmäßigen Abständen angebrachte Fackeln. Das Gefühl, beobachtet zu werden, verstärkte sich hier nur noch mehr.
Zu beiden Seiten des Ganges waren mehrere Türen und ich hörte wieder gequälte Schreie, begleitet von rasselnden Ketten und dem Geräusch von Schlägen. Verwirrt ging ich weiter. Ich spürte, daß ich mich dem Herz näherte.
Meine Knie fühlten sich schon ziemlich weich an, als ich an einer der unzähligen Türen vorübergehen wollte. Ein schmatzendes Geräusch ließ mich jedoch erstarren. Angestrengt lauschte ich. Da waren nur allzu bekannte Geräusche, die einer Unterrichtsstunde, allerdings hörte ich keine Schüler, was mich nun wieder sehr verwunderte. Statt dessen hörte ich immer wieder dieses ekelhafte Geräusch, das einen eisigen Schauer durch mein Rückenmark laufen ließ. Meine zittrigen Finger umschlossen die metallene Türklinke und drückten sie vorsichtig nach unten. Lautlos und schnell schwang die Tür nach Innen auf. Der Anblick, der sich mir da drinnen bot, war kaum mit Worten zu beschreiben. Längst hatte ich vergessen, daß ich mich eigentlich in einem Traum befinden mußte. Zu real war alles um mich herum.
Der Saal war gewaltig und hatte entfernt Ähnlichkeit mit den Unterrichtsräumen, die sich irgendwo über mir befinden mußten. Auch dieser Raum wurde von einem gewaltigen Pult beherrscht, das fast das ganze vordere Drittel des Saales in Anspruch nahm. Dahinter thronte eine groteske Figur, ein geschlechtsloses, fettes, humanoides Ding, dem jede Körperbehaarung zu fehlen schien, gekleidet in eine braune, barocke Robe. Mit langen, schwarzen Fingernägeln, die eher scharfen Klauen glichen, trommelte es gelassen auf das Pult und sein monotoner Wortschwall wurde nur unterbrochen, wenn es sich mit seiner langen, blauen Zunge über die schwarzen Lippen fuhr.
Angewidert wandte ich den Blick dem Rest des Raumes zu und nacktes Entsetzen packte mich. Erwartungsgemäß saßen hier die Schüler. Allesamt konnten sie nicht älter als vielleicht fünfzehn sein und sie saßen an viel zu kleinen Tischen, auf zu kleinen Stühlen. Ihr Blick starr geradeaus, die glasigen Augen völlig bewegungslos. Das Entsetzliche war jedoch die Tatsache, das den Kindern hier die Schädeldecken abgehoben worden waren und man einen Einblick auf das pulsierende Innere hatte. Andere Wesen, dem hinter dem Pult nicht unähnlich, aber kleiner und nicht ganz so fett, liefen durch die Reihen und nahmen mit mysteriös anmutendem chirurgischem Besteck Eingriffe vor. In der hinteren Ecke standen drei dieser Wesen zusammen, die einem Jungen, dessen Gehirn gerade aufgehört hatte zu pulsieren, die Schädeldecke wieder aufsetzten, ihm eine kleine, braune, barocke Robe anzogen und ihn mit einem freundschaftlichen Klaps auf die Schulter verabschiedeten.
Ich mußte würgen und konnte einen Schrei des Entsetzens nicht ganz unterdrücken. Mit einem spitzen, wütenden Schrei fuhr das Ding hinter dem Pult herum und starrte haßerfüllt in meine Richtung.
Langsam, fast theatralisch, hob es seinen Arm und deutete mit einer schwarzen Klaue in meine Richtung. Dann schrie es mit seiner spitzen Stimme. Es war mir unmöglich, auch nur ein Wort zu verstehen.
Doch verstanden die anderen Dinger, die noch im Raum waren sofort. Sie fuhren herum und hechteten in meine Richtung. Für einen endlosen Augenblick stand ich wie angewurzelt da. Den Mund halb geöffnet und unfähig, auch nur einen Muskel meines Körpers zu kontrollieren. Mein Verstand weigerte sich einfach, das zu glauben, was ich da sah. Aber es dauerte nur einen Augenblick, dann schaltete er sich resigniert ab, überließ den Instinkten die Kontrolle und ich suchte mein Heil in der Flucht. Ich hatte erst wenige Meter zurückgelegt, als ich schon das wütende Schreien der Dinger hörte, die wie Furien auf dem Gang hinter mir herhetzten. Wohin sollte ich fliehen? Der Gang schien sich endlos vor mir auszudehnen. Ich hatte keine Ahnung in wie weit sich die Eskapaden der letzten Nächte noch negativ auf meine Kondition auswirken würden, aber ich war mir ziemlich sicher, daß ich es nicht schaffen würde, wenn ich den Gang immer weiter geradeaus lief. Am Ende stand ich dann noch vor einer Sackgasse. Ich wußte zwar nicht, was diese Dinger eigentlich von mir wollten, doch schien es mir extrem dumm zu sein, wenn ich einfach stehen blieb und sie danach fragte. Ihrem wilden Geschrei nach hätten sie mich einfach zerfetzt.
Ich hatte schon das Gefühl ihren heißen Atem in meinem Genick zu spüren und in meiner Lunge brannte jeder Atemzug, als ich mich entschloß, einfach eine der Türen auszuprobieren, an denen ich die ganze Zeit vorbeirannte. Ich wurde langsamer, entschied mich für eine Tür zu meiner Linken, riß sie auf und stolperte hinein ins Ungewisse. Ich hatte Glück, es war kein weiterer Klassensaal. Vielmehr stand ich zwischen zwei Bücherregalen, die bis zur Decke etwa zwei Meter über mir gingen und völlig vollgestopft waren. Licht spendeten hier weiße Neonröhren mit brummenden Kondensatoren, die in regelmäßigen Abständen zwischen den Regalen hingen. Ich hatte erstmal keine Zeit mir die Bücher anzusehen. Meine Verfolger waren mir zu dicht auf den Fersen. Schnell atmend lief ich weiter. Bog erstmal in einen Seitengang und beschleunigte wieder meine Schritte, als ich hörte, daß die Tür aufgestoßen wurde und die Dinger schimpfend den Raum betraten. Schnell hatte ich den Überblick verloren, wo ich mich befand. Ich hatte zahlreiche Ecken, Kurven und Kreuzgänge hinter mir, immer nur darauf bedacht, dem wütenden Geschnatter so weit wie möglich auszu-weichen. Dies war mir bis jetzt auch gelungen, doch mußte ich frustriert feststellen, daß ich mich hoffnungslos verlaufen hatte. Der Raum war gewaltig. Über und über gefüllt mit Regalen, in denen Tausende von Büchern lagen. Hier und da hatte ich einen Blick darauf geworfen. Das meiste erschien mir sehr langweilig und konnte mir in keinster Weise weiterhelfen. Verzweifelt suchte ich nach einem Ausweg. Doch egal um welche Ecke ich bog, dahinter warteten Stapel von Büchern, die mich förmlich erschlugen. Ich konnte schon keine Bücher mehr sehen. Mir wurde übel. Ich bekam Platzangst. Raus hier, nur raus. Weg mit dem Müll. Aus dem Weg. Ich brauche Platz, Platz. Luft zum atmen. Frei atmen. Warum nicht einfach durch die Wand? Wenn ich lange genug dagegenschlage, würde sie schon einbrechen. Irgendwann.
Stop. Ich durfte den Verstand nicht verlieren. Nicht verlieren. Das war genau das, was sie wollten. Dann war ich leichte Beute. Sie würden ein schreiendes Bündel finden und würden es auflesen wie eine gefallene, überreife Birne. Ruhig bleiben, ich mußte nur ruhig bleiben.
Ich war weitergelaufen, hatte einige Bücher aus dem Regal geworfen. Jetzt zitterte ich. Hoffte, nicht geschrien zu haben. Eine schnatternde Stimme näherte sich. Verdammt, ich hatte mich verraten. Langsam, vorsichtig tastend bewegte ich mich rückwärts, weg von der Stimme, die sich schnell näherte. Würde ich es schaffen?
Meine tastenden Finger glitten über eine Unebenheit in dem Regal zu meiner Linken. Verwundert fuhr ich noch einmal darüber und zu meinem Erstaunen schwang ein Teil des Bücherregals lautlos in die Wand und gab so eine dunkle Öffnung frei. Fast hätte ich vor Entsetzen geschrien, als ich darin eine Gestalt wahrnahm. Hatten sie mich doch gefunden?
Im letzten Moment fuhr die Gestalt nach vorne und hielt mir den Mund zu. Überrascht musterte ich sie. Es war ein alter Mann. Gekleidet in verwaschene Jeans und einen selbstgestrickten Pullover. Sein langes strohweißes Haar hing ihm offen über die Schultern. Sein altes Gesicht war gezeichnet von seinem langen Kampf. Er sah mich mit seinen traurigen Augen, in denen eine unendliche Weisheit zu liegen schien, durchdringend an. Wortlos bedeutete er mir, ihm zu folgen. Ich fragte nicht mehr, sondern tat es einfach. Hinter mir schwang die geheime Tür wieder zu und wäre ich noch einen Augenblick geblieben, hätte ich wahrscheinlich das enttäuschte Schnattern meiner Verfolger gehört.
Lange führte er mich durch dunkle Gänge. Treppen hinauf und wieder hinunter. Er kannte sich hier gut aus, soviel stand fest. Schließlich betraten wir einen niedrigen Raum. Auch dessen Wände waren mit Bücherregalen vollgestellt. Angewidert zog ich eine Grimasse. In meinem ganzen Leben wollte ich nichts mehr mit Büchern zu tun haben.
"Vergiß die Bücher, die du unten gesehen hast. Sie sind schlecht!", brach er plötzlich das Schweigen. Überrascht blickte ich ihn an. Er hatte mir den Rücken zugekehrt und zog ein paar der Bücher aus dem Regal.
"Hier ließ die. Sie werden dir weiterhelfen". Ich nahm die Bücher, die er mir in die Hand drückte. So viele Fragen formten sich in meinem Kopf. "Wer bist du?", begann ich.
"Mein Name ist egal. Hauptsache ist, daß ich da bin. Du mußt jetzt fort von hier. Sie' werden nicht locker lassen."
"Aber wer sind sie? Was wollen sie von mir?", meine Stimme klang selbst in meinen Ohren verzweifelt. Ich war den Tränen nahe. Vielleicht auch dem Wahnsinn.
"Alles zu seiner Zeit. Ich werde da sein, wenn du mich brauchst. Aber jetzt kann ich dir nicht mehr sagen. Gehe, sie sind schon nah." Damit wies er auf eine schmale Tür in der gegenüberliegenden Wand.
Niedergeschlagen ging ich darauf zu. Ich wollte noch soviel fragen, aber ich wußte, daß er mir jetzt nicht weiterhelfen würde. Die Tür öffnete sich nach außen, noch bevor ich sie ganz erreicht hatte. Gleißendes, wärmendes Sonnenlicht floß mir entgegen und blendete mich.
Heute sitze ich in meinem kleinen Zimmer, direkt unter dem Dach. Viel Zeit ist vergangen und ich habe lange, über das was mir widerfahren ist, nachgedacht. Jetzt bin ich frei. Ich habe es geschafft, aus diesem Alptraum herauszukommen. Ich lebe und bin immernoch der alte. Manchmal, wenn ich Nachts wachliege, dann höre ich noch ihre schnatternden Stimmen. Sie verfolgen mich immer noch, aber jetzt haben sie keine Chance mehr. Ich bin ihnen ein für allemal entkommen. Schließlich habe ich mich entschlossen, das alles niederzuschreiben. Aber da Du dies hier in der Hand hältst, weißt du es ja schon. Denk darüber nach und laß dich nicht fangen.
Holger Raab