Deutsch Schmitt

Ein Kursb.richt

Was soll man von einem Deutsch LK halten, bei dem 1/3 aller Teilnehmer als wehrdienstuntauglich eingestuft werden?
Was soll man von einem Deutsch LK halten, bei dem das Durchschnittsalter bei abiturüberreifen 20,5 Jahren liegt?
Was soll man von einem Deutsch LK halten, bei dem die Abwesenheitsquote oft die 50%-Hürde übersteigt? Was soll man von einem Deutsch LK halten, bei dem der Tutor unter akuten (ödipal bedingten) Kastrations-halluzinationsängsten leidet?
Was soll man von einem Deutsch LK halten, in dem die eine Hälfte über die andere denkt, was der Tutor in seinen Träumen nicht ausspricht?

Deutsch Schmitt

Zu Beginn der 12.Klasse kämpften wir uns durch die Literatur des 17. Jahrhunderts und versuchten, größtenteils völlig verzweifelt, die tragischen Helden untereinander kommunizieren zu lassen. Im 2. Halbjahr widmeten wir uns Kaspar Hauser, lernten die Sprechstücke von Peter Handtke kennen und erfuhren spätestens dann deutlich, was es heißt, einen verkannten Sprachwissenschaftler als Tutor zu haben.

Auf der Begegnungsfahrt in Bamberg (mit dem Ritter Bio LK) fiel es uns untereinander irgendwie schwer, so richtig Kontakt zu schließen, sei es, weil wir zu sehr unter Alkoholeinfluß standen, sei es, weil Bamberg so furchtbar viel zu bieten hat, oder sei es einfach nur, weil wir keine Lust hatten, uns zu begegnen. So richtig näher sind wir uns dann erst im Weinkeller von Schmitt gekommen, in welchem wir eine kühle Novembernacht (übrigens, für unsere abergläubischen Schülerinnen, es war ein Freitag, der 13.11.92) verbrachten. Dort erst tat sich uns die Möglichkeit auf, mal etwas über die anderen zu erfahren. Doch leider war auch hier das Interesse mancher so gering, daß sie es den Kurs durch ihren frühen exeunt (lat.) merken ließen.

Hier sei angemerkt, daß das Verlangen des Kurses nach einem erneuten Einlaß in den besagten Keller während der Vorweihnachtszeit '93 von unserem Tutor verwehrt wurde. Der streßgeplagte Lehrer konnte unsere Wünsche nicht mit seinem Zeitplan vereinbaren.

Zum Ende des ersten Halbjahres erlebten wir noch eine schöne Zeit im Landesmuseum, wo unser Thema jedem Einzelnen die Möglichkeit gab, lyrische Texte zu verfassen, und diese den anderen vorzutragen.

Nach dem ersten gemeinsamen Halbjahr hatten wir im Prinzip schon etwas mehr voneinander, doch blieb stets, sogar nach der Tutfahrt in der 13/I, eine Trennlinie zwischen den einzelnen Kursteilnehmern.

In der 13/I war Kafka statt Kaspar dran. Ein trockenes Thema, undurchschaubar und für den Großteil des Kurses unverständlich. Auch Freud, der sich an Kafka anschloß, strapazierte eher unsere Geduld als unser Hirn. Da unser Tutor von informativen Tutorien nicht soviel hält, fehlten uns auch die Tut-Stunden, um eine engere Kursgemeinschaft aufzubauen. Was natürlich nicht heißen soll, daß irgend einer nicht gerne nur eine statt zwei Stunden Nachmittagsunterricht gehabt hätte.

Dann wäre da natürlich auch noch das ewige Leid mit den, vom Tutor erwünschten und tatsächlich erbrachten Leistungen. Da vieles, was so gesagt wurde, an Kopien oder Textstellen aufgehängt wurde, mangelte es häufig an schriftlichen Beweisen für gehaltene Unterrichtsstunden. Und schriftliche Beweise für erbrachte Hausaufgaben waren sowieso ein Fremdwort. Kleine Razzien vom Paten blieben nicht aus, und so flog so mancher Faulpelz auf.

Unsere Fragen, die wohl jeder Abiturient hat, blieben bei Ihm eher unbeachtet:

"Doch eines, Manni, laß Dir sagen:
Haben wir mal gewagt zu fragen,
nie konnt'st du uns 'ne Antwort
sagen."

Als Betthupferl lassen wir noch ein letztes Mal, wie es sich für einen Deutsch-LK gehört, unsere poetischen Muskeln spielen:

Wir hatten eine Zeit, da war die Schule breit.
Wir hatten unsre Themen, für die wir uns noch schämen.
In Schmitts Keller und mit Alk im Blut, dachten wir, die Zeit wird gut.
Doch am nächsten Morgen schon, kam's erneut zur Kollision.
Der Martin war der Therapeut nach Freud, und hat sich selbst nicht recht betreut.
Mit Pohlerts dummen Fragen, mußten wir uns plagen.
Huber hatte oft 'nen Kater, doch spielt er gut Theater.
Die Inka war der Sonnenschein, ihr Lächeln schlug beim Chef nicht ein.
Die Dana hat das rote Haar, und war im Kurs der Schweige-Star.
Der Dankert liebt Whisky, Bock und Leder, so cool wie er ist längst nicht jeder.
"Faßmichnichtan" sprach Steffi Krause, und schlief in jeder Pause.
Die Julia stylt sich ohne Ende, brauchte dafür eigentlich vier Hände.
Der Tobi hat auf Prag geschissen, und dort Telefonbücher zerrissen.
Der Jens weiß vieles nicht genau, und war in Bamberg ziemlich blau.
Die Silke is a nettes Mädel, fährt voll ab auf Techno-Zabel.
Nicht tadellos sind Boris, Ralf und Marcus, nur machen wir jetzt Schluß.
Für die genialen Sprüche fordern wir kein Geld, nur einen Kuß von allen Models dieser Welt.

Marcus Tengler